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Digitalisierung macht den Unterschied

Ressourcen sparen und gleichzeitig Wachstum sowie hohe Produktivität erreichen? Wer das will, muss sich nur bei Jungunternehmen im Digital-Bereich umschauen. Sie setzen von Anfang an um, was sich etablierte Unternehmen erst erarbeiten müssen.

von Yvonne von Hunnius

Fünf Schreibtische, je einen Monitor und Laptop sowie je ein Smartphone genügen, um unser Start-up zu betreiben. Und natürlich braucht es eine Kaffeemaschine», sagt Stefan Debortoli. Er ist Mitgründer des Jungunternehmens Reachbird und Alumni des Hilti Lehrstuhls für Business Process Management. Seit Sommer 2015 hat Reachbird schon mehrere Dutzend Kampagnen abgewickelt, unter anderem mit Coca-Cola. Die Strategie: Mithilfe von digitalen Analysewerkzeugen macht Reachbird im Internet Meinungsführer ausfindig und baut sie clever in Marketingstrategien ein.

Mit den Meinungsführern auf unserer Plattform können bereits über 50 Millionen Menschen erreicht werden.

Debortoli sagt: «Mit den Meinungsführern auf unserer Plattform können bereits über 50 Millionen Menschen erreicht werden.» Sein Promotionsstudium im Bereich Wirtschaftsinformatik hat Debortoli im letzten Herbst abgeschlossen. Die drei anderen Mitglieder des Management-Teams, Philipp Martin, Julian Freese und Benedikt Ess schliessen gerade ihr Studium im Studiengang Entrepreneurship ab.

Weltmarkt im Blick

Das digitale Start-up baut auf kluge Köpfe, die in Vaduz ausgebildet wurden. Das reicht, um ein Produkt zu entwickeln und es im Markt zu testen. «Das verringert initiale Kosten und Risiken für das digitale Unternehmen drastisch», so Debortoli. Zudem könne das Unternehmen auch gleich den globalen Markt im Blick haben.

«Das ist die Kraft der Digitalisierung,» sagt Jan vom Brocke, der Leiter des Instituts für Wirtschaftsinformatik und Inhaber des Hilti Lehrstuhls für Business Process Management. Digitalisierung ermöglicht Wachstum ohne grosse Ressourcenallokation und diese Mechanismen haben Digital-Start-ups bereits in ihren Genen. «Das ist die Zukunft, digitale Innovationen werden Wirtschaft und Gesellschaft in allen Bereichen spürbar transformieren. Es ist wichtig, dass Liechtenstein sich zu einem sehr attraktiven Standort für digitale Start-ups weiterentwickelt», sagt vom Brocke.

Digitalisierung als Wachstumsmotor

Eine Studie von Andreas Brunhart ergab 2015: Liechtenstein hat ein volkswirtschaftliches Wachstumsproblem. Der Forschungsbeauftragte des Liechtenstein-Instituts und Dozent an der Universität zeigte auf, dass sich das Wachstum der Wirtschaftsleistung abgebremst hat. Für Jan vom Brocke ist die Schlussfolgerung klar: «Digitalisierung ist Teil der Lösung. Sie bietet enormes Produktivitätspotenzial, wenn wie bei Reachbird mit wenig Ressourcenallokation grosse Wertschöpfung erreicht werden kann.»

Domänenwissen ist die Basis

Dabei müssen grosse Unternehmen keinesfalls das Nachsehen haben. Der Liechtensteiner Bautechnologie-Konzern Hilti hat schon früh das digitale Denken eines Start-ups an den Tag gelegt. Digitalisierung wird hier mitunter dazu verwendet, Produktivität zu steigern oder neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. So wird Kunden neben physischen Produkten auch spezifische Software angeboten.

Das zeigt, wo sich für Liechtenstein Chancen entfalten können: Denn Digitalisierung allein ist nichts ohne ein tiefes Verständnis einer bestimmten Domäne, so vom Brocke. Liechtenstein ist zwar klein, doch es hat Experten, die zum Beispiel in den Bereichen Maschinenbau und Finanzdienstleistungen zu den besten zählen. Hervorragende Voraussetzungen, um auch in der digitalen Zukunft zu den Gewinnern zu zählen, sagt vom Brocke: «Auf dieser Basis können wir Sektoren neu erfinden und die Entwicklung aktiv mitgestalten.»

*Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Mai 2016 Ausgabe des Wissensmagazins Denkraum.