uni.liUniversitätMedienportalMedienmitteilungen50 Jahre: Vom Abendtechnikum zur Universität

50 Jahre: Vom Abendtechnikum zur Universität


Die Universität Liechtenstein feierte am 15. April das Jubiläum «50 Jahre – vom Abendtechnikum zur Universität» mit einem Festakt. Aus dem einstigen Abendtechnikum Vaduz entstand die Liechtensteinische Ingenieurschule (LIS), die Fachhochschule und Hochschule Liechtenstein, die am 1. Februar 2011 den Universitätsstatus erlangt hat. 

Die Universität Liechtenstein hat ihre Wurzeln im Abendtechnikum Vaduz, das 1961 eröffnet wurde. In fünf Jahrzehnten vollzog sich die Entwicklung von der einfachen Ingenieurausbildung zur international ausgerichteten Universität. Der Stufenbau in diesen fünf Jahrzehnten umfasst fünf verschiedene Schulen.

Der Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg verlangte nach Fachkräften für die Industrie, die im noch stark bäuerlich-gewerblich geprägten Liechtenstein nicht zu finden waren. Die noch jungen Industriebetriebe bauten zuerst die Ausbildung von Lehrlingen auf, um den rasch steigenden Bedarf an einheimischen Facharbeitern für die industrielle Produktion zu decken. Noch schwieriger erwies sich die Rekrutierung von Ingenieuren aus dem Land, wie eine 1960 durchgeführte Erhebung der Industrie- und Handelskammer illustriert: Unter den 42 Akademikern in der Industrie befanden sich nur 2 aus Liechtenstein, von den 91 Ingenieur-Technikern waren nur 8 aus dem eigenen Land. Um diesen Mangel zu beheben, beschloss die Industriekammer im Jahre 1960 – auf eine Anregung von Berufsberater Prof. Otto Seger – die Errichtung eines Abendtechnikums.

Vom Abendtechnikum zur Liechtensteinischen Ingenieurschule
Das Abendtechnikum Vaduz konnte bereits am 15. April 1961 eröffnet werden. Die Industrie und die Regierung hatten sich rasch gefunden: Das Land stellte Gebäude und Einrichtungen zur Verfügung, die Wirtschaft die Lehrkräfte und das Sekretariat. Ursprünglich war nur an ein Studium von vier Semestern bis zum Vordiplom gedacht, das den Studierenden den Weg an ein Technikum in der Schweiz ebnen sollte. Über die Kooperation mit Behörden- und Industrievertretern den benachbarten Bezirken Werdenberg, Sarganserland und Oberrheintal wollte man eine genügende Anzahl an Studierenden sicherstellen. Die Nachfrage nach der höheren technischen Ausbildung überraschte selbst hohe Erwartungen. Nicht weniger als 48 Studierende nahmen das Studium in Maschinenbau auf. Schon zwei Jahre nach Eröffnung wurden die beiden Abteilungen Hoch- und Tiefbau angegliedert, kurze Zeit später erfolgte der Ausbau des Studiums bis zum Diplom. Die kontinuierliche Entwicklung über zwei Jahrzehnte führte zum weiteren Ausbau des Abendtechnikums in eine Ingenieurschule, die neben der Grundausbildung auch Fort- und Weiterbildungskurse anbot. Aus dem Abendtechnikum Vaduz wurde die Liechtensteinische Ingenieurschule, aus dem Kürzel ATV die Abkürzung LIS, die neu Nachdiplomstudien und den ersten Studiengang in Wirtschaftsinformatik anbot. Der Schweizer Bundesrat stellte 1990 nach einer Begutachtung durch eine Kommission die Gleichwertigkeit der Ausbildungsgänge und Abschlüsse mit den schweizerischen Ingenieurschulen HTL fest.

Von der Fachhochschule zur Hochschule Liechtenstein

Anfangs der 1990er Jahre befasst sich Liechtenstein mit dem zunehmend wichtiger werdenden tertiären Bildungsbereich. Mit dem neuen Gesetz über Fachhochschulen, Hochschul- und Forschungsinstituten erhält die LIS den Zusatz Fachhochschule und wird 1993 von der Regierung als Fachhochschule anerkannt. In Zusammenarbeit mit den Universitäten St. Gallen und Innsbruck wird 1995 der erste Hochschullehrgang in Innovations- und Technologiemanagement durchgeführt und damit die Phase der internationalen Kooperationen eingeleitet. Mit dem Studienjahr 1999 trat die neue strategische Ausrichtung der Fachhochschule mit der Fokussierung auf Architektur und Wirtschaftswissenschaften in Kraft. Die Fachbereiche Bauingenieurwesen und Maschinenbau werden aufgelöst, dafür der Studiengang Finanzdienstleistungen mit den Vertiefungsrichtungen Bank und Treuhand angeboten. Als eine der ersten Hochschulen im deutschsprachigen Raum startet die Fachhochschule Liechtenstein ihre Studiengänge nach dem Bachelor-Master-System und legt damit den Grundstein für die künftige Hochschule. Eine «Peer Review» unabhängiger Bildungsexperten attestiert der Fachhochschule eine hohe Qualität und einen Spitzenplatz im Vergleich mit schweizerischen Fachhochschulen. Mit Gesetz erfolgt 2005 die Umwandlung der Fachhochschule in die Hochschule Liechtenstein, die sich in ihrer Ausrichtung an den Bedürfnissen Liechtensteins und der angrenzenden Region orientiert. Einerseits handelt es sich um die praxisnahe Ausrichtung der Fachrichtungen Architektur und Wirtschaftswissenschaften mit den Spezialisierungen in Finanzdienstleistungen, Wirtschaftsinformatik und Entrepreneurship, andererseits um Kooperationen mit der Wirtschaft.

Vom einfachen Klassenzimmer der Realschule zur Denkfabrik

In den fünf Jahrzehnten ihrer Entstehungsgeschichte war die heutige Universität in verschiedenen Objekten einquartiert, bis 2002 der neue Hochschul-Campus im ehemaligen Spoerry-Areal in Vaduz bezogen werden konnte. Das Abendtechnikum musste sich in den Anfangszeiten mit einzelnen Klas-senzimmern der Realschule Vaduz begnügen, die LIS übersiedelte in das Schulzentrum Mühleholz und erhielt dort nach einer Erweiterung des Schulzentrums eigene Räumlichkeiten. Im Jahre 1996 beschliesst die Regierung, die künftige Hochschule in das Spoerry-Areal zu integrieren. Nach dem Umbau der ehemaligen Baumwollspinnerei, die zu den markanten Gebäuden der Industrialisierung Liechtensteins zählt und deren Fassade deshalb erhalten wurde, konnte die neue Schule 2002 bezogen werden. Erstmals in der Geschichte der Schule sind Studierende, Lehrende und Forschende auf einem eigenen Hochschul-Campus vereint. Das Hauptgebäude der «Denkfabrik» erinnert an die typische Fabrikform aus der Frühzeit der liechtensteinischen Industrialisierung, der als sichtbares Zeichen der Moderne ein transparenter Glasbaukörper beigestellt wurde. Der Kontrast der beiden Bauwerke dokumentiert die dynamische Entwicklung der Universität und damit des Bildungs- und Forschungsstandortes Liechtenstein.

Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Wirtschaft

Die Bezeichnung «Denkfabrik» spricht die enge Verbindung der Universität mit der Wirtschaft an. Das Lehr- und Forschungsangebot orientiert sich an den Bedürfnissen Liechtensteins und der angrenzenden Region. Mit der Fokussierung auf die beiden Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften und Architektur konnte die Universität ihre Kernkompetenzen in den letzten Jahren stetig ausbauen und sich als kleine, aber feine und praxisnah ausgerichtete Lehr- und Forschungsstätte etablieren. Insofern wirkt die Universität als innovativer Denk- und Forschungsplatz in der Vier-Länder-Region Liechtenstein, Ostschweiz, Vorarlberg und Bodenseeraum Deutschland. Der Wirtschaftsstandort Liechtenstein und der angrenzenden Region profitiert vom Wissens- und Technologietransfer der Universität, die sich zur leistungsorientierten angewandten Forschung auf wissenschaftlicher Basis bekennt. Der Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erfolgte mit dem Aufbau von Instituten und An-Instituten, die als Kompetenzzentren konzipiert sind. Das dem Institut für Entrepreneurship angegliederte KMU Zentrum dient als Drehscheibe für Transfer- und Dienstleistungen für kleine und mittlere Unternehmen in Liechtenstein und der Region. Mit der Konjunkturforschungsstelle Liechtenstein KOFL wurde ein für volkswirtschaftliche Fragen und Entwicklungen zuständiges Kompetenzzentrum für Liechtenstein geschaffen, das sein Arbeitsfeld ebenfalls in die Region ausbreitete. KMU Zentrum und Konjunkturforschungsstelle wirken im «Chancental Rheintal» als dynamische Triebfedern für das Unternehmertum, die Unternehmen selbst und deren nachhaltige Entwicklung.

Die Universität – regional verankert und international ausgerichtet

Die Universität Liechtenstein erfüllt die Vorgaben der Bologna-Richtlinien der EU und die von der Schweizerischen Universitätskonferenz festgelegten Qualitätsstandards. Die unabhängigen Experten des Organs für Akkreditierung und Qualitätssicherung der schweizerischen Hochschulen stuften die Universität Liechtenstein aufgrund ihres Studienkonzeptes und ihrer Forschungsausrichtung als «kleine Universität mit hohen Entwicklungspotenzialen» ein. Im Verlaufe der Entwicklung zur Universität wurden die bisherigen Stärken, wie der enge Bezug zur Wirtschaft, die internationale Ausrichtung, die globale Vernetzung mit bedeutenden Bildungsinstitutionen sowie die gute Betreuung der Studierenden, weiter entwickelt. Wichtige Entwicklungsschritte bildeten das 2002 eingeführte universitäre Berufungsverfahren für Professuren, die Durchführung von kooperativen Doktoratsstudiengängen seit dem Studienjahr 2004, die Erlangung des Promotionsrechtes sowie die Akkreditierung aller Bachelor- und Master-Studiengänge 2008. Die beiden höchsten akademischen Qualifikationsstufen, das Promotionsrecht und das Recht auf Erteilung der Lehrbefähigung, drücken die besondere wissenschaftliche Prägung von Lehre und Forschung aus. Die Universität ist aber nicht nur eine Drehscheibe zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, sondern gleicht einem Schmelztiegel einer international zusammengesetzten Studentenschaft im Herzen Europas. Die über 1200 Studierenden stammen aus einer Vielzahl von Ländern, mit den Schwerpunkten Liechtenstein, Schweiz und Österreich. Auch diese Konstellation unterstreicht die regionale Verankerung und internationale Ausrichtung der Universität Liechtenstein.