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Interview mit der Aussenministerin

Im Rahmen der Introduction Week 2011 führten die Gaststudenten Aki Pitkänen von der Partneruniversität Turku in Finnland und Kaspars Peisenieks von der Partnerhochschule Banku Augstskola in Riga ein Gespräch mit Aussenministerin Dr. Aurelia Frick zu aktuellen Themen wie Steuern und Finanzen.


Im Rahmen der Introduction Week 2011 der Universität Liechtenstein hatten die 34 internationalen Gaststudierenden in diesem Jahr erstmals die Gelegenheit, neben Sprachkursen und Exkursionen im Land auch eigene Projekte wie eine Zeitung umzusetzen. Dabei entstand auch ein Interview mit der Aussenministerin Dr. Aurelia Frick zu den aktuellen Ereignissen in Liechtenstein und auf der ganzen Welt sowie zu den Veränderungen, die Liechtenstein in den Bereichen Steuern und Finanzen durchlebt. Zwei Gaststudenten führten das Gespräch: Aki Pitkänen von der Partneruniversität Turku in Finnland, der an der Universität Liechtenstein Banking and Financial Management auf Masterstufe studiert, und Kaspars Peisenieks von der Partnerhochschule Banku Augstskola in Riga, Lettland, der den Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre absolviert.

Die Eurokrise hat ganz Europa erfasst und zeigt die unterschiedlichsten Auswirkungen. Zurzeit gibt vor allem Griechenland Anlass zu grosser Sorge. Kürzlich hat die Schweizer Nationalbank angekündigt, Devisen in unbegrenzter Höhe zu kaufen, um den Schweizer Franken zu schwächen. Wie beurteilen Sie das?
Dr. Frick: Im Allgemeinen sind wir mit dem Schweizer Franken sehr zufrieden. In letzter Zeit war er jedoch so stark, dass sich dies auf unsere Industrie ausgewirkt hat. Wir haben eine extrem tiefe Arbeitslosenquote, weshalb unsere Wirtschaft trotz des hohen Frankenkurses lange Zeit stark geblieben ist. Aber dass die Schweizer Nationalbank einen Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro festgelegt hat, war definitiv zu unserem Vorteil. Aus meiner Sicht – und ich bin nicht Wirtschaftsministerin – war dies die richtige Entscheidung, um die Situation zu entschärfen. Wir hier in Liechtenstein wollen und können schliesslich keine Währungspolitik betreiben, da wir über keine eigene Nationalbank verfügen. Wir sind daher an das gebunden, was die Schweizerische Nationalbank  macht.
Die Exportindustrie ist für Liechtenstein äusserst wichtig. Über 95 % der in Liechtenstein produzierten Waren sind Exportprodukte. Natürlich produzieren wir hauptsächlich Hightech-Produkte in einem eher höheren Preissegment. Der Preisunterschied zu ausländischen Produkten lässt sich mit der Qualität rechtfertigen. Doch es gibt eine Grenze, ab der dieses Argument nicht mehr zählt.

Hat Liechtenstein Griechenland oder andere Problemstaaten finanziert?
Dr. Frick: Wir sind nicht Mitglied der EU. Deshalb beteiligen wir uns nicht an der Finanzierung von Sanierungsmassnahmen oder der Vergabe von Darlehen innerhalb der EU. Wir beteiligen uns jedoch am Finanzmechanismus des EWR, im Rahmen dessen Staaten mit einer schwächeren Wirtschaft gestützt werden – genau so, wie auch in der EU ärmere Länder unterstützt werden. Indirekt können über diesen Mechanismus auch Gelder an Griechenland fliessen. Diese Zahlungen stehen aber nicht im Zusammenhang mit der Krise, sondern mit mehrjährigen Programmen zur Verbesserung der Staats- oder der Infrastruktur im Land. Irland beispielsweise hat in diesem Zusammenhang keine Gelder erhalten. Griechenland schuldet uns keine Darlehensrückzahlungen. Ein so kleines Land wie Liechtenstein kann anderen Ländern keine Darlehen geben.

Liechtenstein hat umfangreiche Steuerreformen in Angriff genommen, die nun endlich abgeschlossen sind. Liechtenstein hat dabei auch mehrere Besteuerungsabkommen unterzeichnet. Zeigen sich bereits Auswirkungen davon?
Dr. Frick: Mit der Liechtensteiner Erklärung Anfang März 2009 wurden grosse Umwälzungen eingeläutet. Wir befinden uns jetzt noch mitten in diesem Prozess, und ich bin ehrlich: Es ist Geld aus dem Land abgeflossen. Durch die Krise und das veränderte Umfeld stagnieren die Vermögen, diese Entwicklung ist also normal. Zwischenzeitlich hat sich die Situation wieder stabilisiert. Ich bin zuversichtlich, dass am Ende des Veränderungsprozesses ein starkes Liechtensteiner Finanzzentrum entsteht. Wir setzen auf Know-how, auf politische Stabilität, auf einen starken Schweizer Franken und eine Diversifikation bei den Dienstleistungen. Wir werden in Zukunft über einen starken Finanzplatz verfügen, der sich aber vom Finanzplatz der Vergangenheit unterscheidet.


Die Aussenministerin des Fürstentums Liechtenstein, Dr. Aurelia Frick, im Gespräch mit zwei Gaststudenten aus Finnland und Lettland.