Das Strafanwendungsrecht liechtensteinischer juristischer Personen

zurück zur Übersicht

Projektart und Laufzeit

FFF-Förderprojekt, Januar 2022 bis Dezember 2022

Koordinator

Lehrstuhl für Wirtschaftsstrafrecht, Compliance und Digitalisierung

Forschungsschwerpunkt

Wirtschaftsrecht

Beschreibung

Das Strafanwendungsrecht (auch sog. Internationales Strafrecht genannt) betrifft, analysiert und behandelt strafrechtsrelevante Sachverhalte mit Auslandsberührung. Es ist im Fürstentum Liechtenstein im Wesentlichen in den §§ 62 ff. StGB verankert und bestimmt, in welchem Umfang der liechtensteinische Staat von seiner Strafbefugnis Gebrauch machen kann und darf.
Geregelt wird somit die Anwendung inländischen (hier: liechtensteinischen) Rechts, indem dessen Geltungsbereich festgelegt wird ("Die liechtensteinischen Strafgesetze gelten …"). Dabei handelt es sich nicht um internationales, sondern um genuin innerstaatliches Recht, welches durch die Grundsätze des Völkerrechts eingeschränkt wird.
Diese Materie gilt zunächst einmal für Straftaten, die natürlichen Personen zugerechnet werden. Umso interessanter und wirtschaftlich wichtiger sind aber die Fragen, die sich stellen, wenn es sich um Straftaten handelt, die nach § 74a StGB die Verantwortlichkeit von juristischen Personen begründen. So regelt § 74e StGB die inländische Gerichtsbarkeit in Bezug auf Straftaten juristischer Personen wie folgt: "Macht das Gesetz die Geltung liechtensteinischer Strafgesetze für im Ausland begangene Taten vom Wohnsitz oder Aufenthalt des Täters im Inland oder von dessen liechtensteinischer Staatsangehörigkeit abhängig, so ist für juristische Personen deren Sitz oder der Ort des Betriebes oder der Niederlassung massgebend".
Das Projekt widmet sich gerade dieser Materie und untersucht sämtliche praxisrelevante Aspekte.

Schlagwörter: Juristische Personen, Strafbarkeit, Internationalität, transnationale Delikte, Compliance

Wirkungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft

Das Wirtschaftsstrafrecht (von einem "banalen" Betrug über Steuerhinterziehung und Geldwäscherei bis zur Terrorismusfinanzierung) ist inzwischen weitestgehend grenzüberschreitender Natur, sodass ein Unternehmen, das international tätig ist, unter Umständen mit Strafansprüchen verschiedener Rechtsordnungen konfrontiert werden könnte.
Der Aspekt der Compliance kann den Anwendungsbezug besonders anschaulich schildern: Internationale Geschäftsbeziehungen (denke man z.B. an den VW-Skandal) bringen immense Rechtsrisiken mit sich - von den manchmal gigantischen Kosten für interne Ermittlungen bis zu Bußgeldern bzw. genuinen Verbandsstrafen oder Vermögensabschöpfungen. Unabhängig davon, ob liechtensteinische juristische Personen mittels ausländischer Niederlassungen oder Tochtergesellschaften im Ausland tätig sind, oder umgekehrt ob ausländische juristische Personen mittels liechtensteinischer Niederlassungen oder Tochterunternehmen im Fürstentum tätig sind, oder ob nationale Unternehmen über Zulieferer bzw. Vertriebs- oder Handelspartner international agieren - Kenntnisse der landesspezifischen Compliance-Maßgaben stellen ein absolutes zwingendes Muss dar.
Die im Rahmen des Projekts veranlassten zahlreichen Länderberichte werden ausserdem als eine entscheidende Richtschnur für Vorstandsmitglieder, Verteidiger, Rechtsanwender, Staatsanwälte und Forschende fungieren.

Liechtensteinbezug

So klein das Fürstentum Liechtenstein in geografischer Hinsicht ist, so groß ist seine Bedeutung als Finanzort und Sitz zahlreicher Unternehmen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der rasanten Entwicklungen im Bereich der Compliance und Digitalisierung bedarf es einer gründlichen Untersuchung des Strafanwendungsrechts von liechtensteinischen juristischen Personen.
Ziel des Projektes ist es somit, das liechtensteinische Strafanwendungsrecht zu analysieren und es für international tätige Unternehmen zu erarbeiten. Das Projekt soll zugleich aufgrund des genuin grenzüberschreitenden und stark rechtsvergleichenden Charakters international wahrgenommen werden.