uni.liNeuigkeitenDatenschutz braucht Daten
Forschung im Fokus

Datenschutz braucht Daten

Jeder Schritt hinterlässt heute digitale Spuren. Dabei türmt sich ein riesiger Berg an Daten auf, der für Individuen kaum zu kontrollieren ist. Das Datenwachstum zu drosseln, ist kaum eine Alternative. Statt dessen helfen Big- Data-Anwendungen, Datenschutz zu beflügeln.

von Yvonne von Hunnius

Im Internet soll es schnell gehen – da wird rasch «ok» geklickt, ohne zu wissen, welcher Funktion gerade zugestimmt wurde. Bequemlichkeit steht an erster Stelle, denn das Internet ist nicht zuletzt durch mobile Geräte zu einem unverzichtbaren Alltagsbegleiter geworden. Was die Entwicklung antreibt, sind massgeschneiderte Dienste, die so gute Helfer sind, weil sie Menschen bestens zu kennen scheinen. Und das tun sie tatsächlich. Google beobachtet seine Nutzer permanent und kann dadurch 90 Prozent seiner Umsätze durch passgenaue Online- Werbung generieren. Das zeigt, wie wertvoll Daten sind. Nach aktuellen Schätzungen dürfte der Big-Data-Markt 2016 ein Volumen von rund 24 Milliarden Dollar erreichen.

Neue Kontrollmechanismen für Datenschutz

Dieses Potenzial ruft Betrüger auf den Plan. Sie profitieren davon, dass zugunsten der Bequemlichkeit oft die Sicherheit zu kurz kommt und der Überblick über die eigenen Daten längst verloren gegangen ist. Der Leiter des Instituts für Wirtschaftsinformatik und Inhaber des Hilti Lehrstuhls für Business Process Management Jan vom Brocke sagt: «Durch unseren digitalen Fussabdruck werden wir transparent und verwundbar. Wir brauchen neue Kontrollmechanismen, denn der Einzelne kann seine Daten nicht mehr selbst schützen.» Selbst, wenn er anstelle von US-amerikanischen E-Mail-Providern auf europäische zurückgreift, abwechselnd unterschiedliche Internetbrowser nutzt oder Tracking-Dienste ausschaltet – all diese Massnahmen stossen an Grenzen. Nicht zuletzt, wenn Nutzer auf die Plattformen ihrer Banken vertrauen müssen.

Wir brauchen neue Kontrollmechanismen, denn der Einzelne kann seine Daten nicht mehr selbst schützen.

Ironischerweise sind es genau Big-Data-Anwendungen, die Datenschutz verbessern und Betrüger dingfest machen können. Genau hier setzt Forschung des Instituts für Wirtschaftsinformatik an. Macht man aber hier nicht den Bock zum Gärtner? «Nein, in den richtigen Händen kann die Analyse grosser Datenmengen entscheidend dazu beitragen, Betrug vorzubeugen und zu erkennen», sagt vom Brocke.

Datenanalyse entlarvt Betrug

Wird beispielsweise Software für eine Internetseite auf eine spezielle Weise gebaut, kann das Betrug und Datenklau verhindern. Die Universität arbeitet unter anderem mit dem Unternehmen Inventx aus Chur zusammen. Inventx ist ein IT-Dienstleister für Banken und auf Sicherheit spezialisiert. Seine Systeme werten grosse Datenmengen aus unterschiedlichen Quellen aus; treten bestimmte Muster und Anomalien auf, wird der Verteidigungsmodus aktiviert.

Für die Praxis kann auch aktuelle Forschung wichtig sein, an der Markus Weinmann von der Universität Liechtenstein beteiligt ist. Der Assistenzprofessor am Institut für Wirtschaftsinformatik hat in einem internationalen Forscherteam untersucht, inwieweit die Gefühlslage eines Internetnutzers die Mausbewegungen beeinflusst. Weinmann sagt: «Ein entspannter Computernutzer bewegt die Maus rasch in geraden Linien oder leicht gekrümmten Kurven. Je frustrierter oder negativer gestimmt er ist, umso langsamer, aber auch eckiger und länger fallen die Mausbewegungen aus.» Diese Erkenntnisse helfen letztlich auch, Verdachtsfälle für Betrug zu erkennen. Dazu ist unvermeidlich, selbst grosse Datenmengen zu sammeln und zu analysieren. Aber letztlich werden somit Daten-Betrüger auf legale Weise mit ihren eigenen Waffen geschlagen.

* Dieser Artikel erschien ursprünglich im Wissensmagazin Denkraum im Mai 2016.