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Energiewende wird zum Geschäftsmodell

LISDAR bringt zum dritten Mal Investoren, Architekten, Projektentwickler und IT-Fachleute an der Universität Liechtenstein zusammen. Im Interview mit Steffen Klatt zeigt Peter Droege, Vorsitzender des LISDAR Kongresses 2012 auf, wie Nachhaltigkeit zum Geschäftsmodell wird.


Konferenz in Liechtenstein bringt Investoren, Architekten, Projektentwickler und IT-Fachleute zusammen
– Interview mit Peter Droege

Der Gebäudepark steht für 40 Prozent des nicht-erneuerbaren Energieverbrauchs. Die Technologien für dessen Senkung wie auch für solare Überschussproduktion sind vorhanden. Doch sowohl Architekten wie Investoren zögern oft noch. Eine Konferenz in Liechtenstein will aufzeigen, wie Nachhaltigkeit zum Geschäftsmodell wird. 

Interview: Steffen Klatt


Dieser Winter war ein Härtetest für den Atomausstieg: Es war lange sehr kalt, der Verbrauch hoch, acht deutsche Kernkraftwerke abgeschaltet. Wurde der Härtetest bestanden?

Peter Droege: Es gibt keinen Grund, einen solchen Härtetest nicht zu bestehen. Deutschland hat seither weiter Energie exportiert. Als kürzlich in Frankreich acht Reaktoren vom Netz gingen importierte das Land 7 Gigawatt - Deutschland produziert 10 Gigawatt Solarstrom allein. Heute zielen Regionen, Gemeinden und Hausbesitzer auf Energieautonomie ab. Die nachhaltigen Technologien, die es dafür braucht, lassen sich leicht umsetzen, durch eine Kombination von Energieeffizienz, thermische Unterstützung durch Geothermie, Solarthermie und Photovoltaik. Die Art von Energie, die dabei gebraucht wird, lässt sich leicht liefern, und zwar durch dezentrale Systeme.


Wer muss dafür sorgen, dass diese Technologien auch umgesetzt werden?

Das sind auf der einen Seite Investoren und Eigentümer. Dafür muss die Politik – ob es die Staaten oder die Regionen oder Gemeinden sind – auch die richtigen Anreize setzen. Viele Länder und Regionen machen das bereits. Die EU hat vorgeschrieben, dass ab 2020 alle neuen Wohnbauten in der Bilanz sich weitgehend selbst mit erneuerbarer Energie versorgen müssen.


Ist die Bauwirtschaft auf gutem Weg, das Ziel zu erfüllen?

Die Bauwirtschaft selbst schon. Die Herausforderung liegt vor allem auf der Seite Investoren und der Eigentümer auf der einen Seite und der Architekten und Ingenieure auf der anderen Seite. Viele Investoren denken aber immer noch nur an die Kosten solcher Massnahmen. Dabei geht es hier jedoch um Investitionen, denen deutliche Einsparungen gegenüberstehen werden.


Fallen diese Investitionen und die künftigen Einsparungen bei den gleichen Akteuren an?

Bei Neubauten sind die Zusatzkosten inzwischen so gering, dass man sie vernachlässigen kann. Allerdings muss man energieautonome Systeme schon ganz zu Beginn der Planung einbeziehen.
Beim Umbau ist es etwas anderes. Da muss das Gebäude neu angepasst werden. Hier entstehen Kosten, und man muss für jedes einzelne Gebäude anschauen, wie weit es sinnvoll ist, bei der Effizienz zu gehen, und somit durch erneuerbare Systeme zu kompensieren.

Bei Neubauten geht es eigentlich nur darum, dass Planer, Architekten und Ingenieure umsetzen, was bereits möglich ist?

Ja, und dafür müssen sie Bescheid wissen und das Wissen auch anwenden können. Manche Architekten wollen sich aber immer noch nicht mit der Integration von Solaranlagen beschäftigen. Das heisst umgekehrt auch, dass die neuen Gebäude, die heute noch nicht mit Solaranlagen ausgerüstet sind, später nur schwer umgerüstet werden können.


Wenn es eine Blockade in den Köpfen gibt, wie kann sie aufgelöst werden?

Man könnte auf die nächste Generation von Architekten hoffen. Nur leider sind auch viele Universitäten noch in veralteten Schemata verhaftet. Studenten, die weiter denken, müssen sich dann an die Wirklichkeit in den Firmen anpassen, in denen sie arbeiten. Immerhin gibt es bereits eine ganze Reihe von Firmen, die sich in diesem Bereich spezialisiert haben, gerade auch in der Schweiz und Liechtenstein. Es sollte aber etwas sein, mit der sich die ganze Bauindustrie beschäftigt. An diesem Punkt sind wir leider noch nicht angekommen.


Können solche Tagungen wie die von Ihnen organisierte Liechtenstein Conference on Sustainable Development and Responsible Investing daran etwas ändern?

Planer und Architekten müssen verstehen, dass es hier nicht um solar aufgerüstete Architektur geht. Architektur selbst wird vielmehr durch Energie bestimmt. Sie müssen das Gebäude von Grund auf als Energiesystem verstehen. Die gesamte Technik ist eine Energietechnik. Das ist eine ähnlich grosse Wende wie vor 150 Jahren im Zeitalter der Industrialisierung.

Welche Rolle spielen da die Investoren?

Wenn die Investoren ein langfristiges Interesse haben, müssen sie darauf pochen, dass das Gebäude keine Energieschleuder ist. Für manche Investoren ist das bereits eine Selbstverständlichkeit, etwa die Credit Suisse, oder die Zürich Versicherungsgesellschaft. Andere denken bisher nur kurzfristig. Gerade bei Umbauten gibt es bisher nur wenig Anreize.


Wie können bei Umbauten heutige Investitionskosten und künftige Einsparungen zusammengebracht werden?

Das muss sich in den Mieten niederschlagen. Ein hoher Energieverbrauch muss sich in niedrigeren Mieten widerspiegeln und umgekehrt energetische Intelligenz in höheren. Da ist auch der Gesetzgeber gefragt.

Kann ein solcher Anreiz auch über Finanzprodukte geschaffen werden?

Es gibt bereits Dienstleistungsunternehmen, die für Firmen die Energiedienstleistungen übernehmen. Sie verdienen daran, Energiekosten einzusparen. Aber das gibt es noch kaum in einem kleinmassstäblichen Bereich wie etwa für Einfamilienhäuser - ausser für Solardachinstallationen.

Nehmen die Finanzmärkte Nachhaltigkeit bereits als Chance wahr?

Bisher wird es vor allem als Thema für Fonds gesehen. Die „Märkte als solche“ nehmen aber Nachhaltigkeit noch nicht wahr. Das ist mit ein Grund, warum wir uns in einem Zyklus immer schneller kommender Finanzkrisen befinden, die durch das bereits fühlbare globale Erdölfördermaximum nur weiter verstärkt wird.

Wie gross ist das Interesse auf dem Finanzmarkt Liechtenstein, der ja nach einer neuen Ausrichtung sucht?

Sehr gross - und wir sehen es an den wachsenden Teilnahmezahlen in verschiedenen Bereichen. Denn der Kongress setzt sich eigentlich aus drei Konferenzen zusammen, die verschiedene Stossrichtungen und ein unterschiedliches Publikum haben. Wir erwarten, dass etwa die Hälfte der Teilnehmer länger als einen Tag bleiben. Wir wenden uns vor allem an diejenigen, die eine neue Sichtweise suchen und in andere Bereiche hineinschauen wollen, sei es näher am Markt oder näher an der Wissenschaft. Der Liechtenstein Kongress findet nun bereits zum dritten Mal statt. Es ist eine fixe Institution - und auf dem besten Wege, als das Davos der Nachhaltigkeit anerkannt zu werden.

Zum Kongress:
Vom 2. bis zum 4. Mai findet an der Universität Liechtenstein bereits zum dritten Mal der Liechtenstein Congress on Sustainable Development and Responsible Investment (Lisdar) statt. Der von Peter Droege initiierte und geleitete Kongress bringt Architekten, Raumplaner, Investoren, Betriebswirtschaftler und IT-Spezialisten zusammen. Der Kongress ist eine internationale Plattform für praxisbezogene Forschung, um die Wende zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu schaffen. Der erste Kongresstag konzentriert sich auf verantwortungsbewusstes Investieren und geht dabei auf die unterschiedlichen Rollen von Stiftungen, Institutionen und Privatpersonen ein. Der zweite Tag beschäftigt sich mit der erneuerbaren Stadt zwischen Architektur, Immobilien und Infrastruktur. Der dritte Tag behandelt nachhaltige Geschäftsmodelle und Informationssysteme.
www.lisdar.li

Zur Person:
Professor Peter Droege ist Lehrstuhlinhaber für Nachhaltige Raumentwicklung an der Universität Liechtenstein. Er ist Präsident von Eurosolar, dem europäischen Verband für erneuerbare Energien.
Droege hat an der Technischen Universität München sowie am Massachusetts Institute of Technology studiert und an den Universitäten Tokio, Sydney und Newcastle gelehrt. Er ist Gründungsmitglied und General Chairman des Weltrats für Erneuerbare Energien.