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Wir können uns schnell ändern

Für Liechtenstein hat sich der frühe Wechsel zur Steuerkonformität bewährt. Die EWR-Mitgliedschaft ermöglicht liechtensteinischen Fonds direkten Zugang zum EU-Binnenmarkt. Liechtenstein hat vor der Schweiz mit der Strategie der Steuerkonformität begonnen. Im Interview mit Steffen Klatt erläutert Bankenverbandspräsident Adolf Real, warum die Neuorientierung schmerzhaft, aber nötig war.

Für Liechtenstein hat sich der frühe Wechsel zur Steuerkonformität bewährt
– EWR-Mitgliedschaft ermöglicht liechtensteinischen Fonds direkten Zugang zum EU-Binnenmarkt

Liechtenstein hat vor der Schweiz mit der Strategie der Steuerkonformität begonnen. Die Neuorientierung sei schmerzhaft, aber nötig, sagt Bankenverbandspräsident Adolf Real. Doch das Vertrauen der Kunden in den Finanzplatz sei gross.

Interview: Steffen Klatt



Alle drei grossen Banken haben einen Einbruch des Gewinns im vergangenen Jahr erlebt. Ist das eine vorübergehende Abschwächung oder des Beginn des Abstiegs des Finanzplatzes Liechtenstein?

Adolf Real: Der aktuelle Rückgang des Gewinns ist vor allem auf die schwierigen Märkte zurückzuführen. Die Gesamtsituation des Finanzplatzes ist aber aufgrund der Transformation sehr herausfordernd. Dessen sind sich alle bewusst. Dennoch zeigen die Neugeldzuflüsse, dass die liechtensteinischen Banken nach wie vor gut aufgestellt und attraktiv sind. Trotz der Turbulenzen an den Märkten ist das Vertrauen in die liechtensteinischen Banken also gross.

Warum?

Wir haben seit vielen Jahren eine gute Tradition im Vermögensverwaltungsgeschäft. Wir haben Know-how, wir haben ein entsprechendes Netzwerk. Die Banken sind bekannt für ihren guten Service. Mit der Umsetzung der Abkommensstrategie ist auch die Rechtssicherheit gestiegen. Die Abkommen mit den verschiedenen Ländern schaffen Klarheit und Vertrauen.


Kommen die Kunden immer noch aus den gleichen Zielmärkten?

Das Einzugsgebiet der liechtensteinischen Banken hat sich wohl kaum geändert. Verschiedene Banken sind auch onshore gegangen und bieten dort Dienstleistungen an, wo der Kunde wohnt oder arbeitet. Das Wachstum kann eben auch im Ausland generiert werden.


Die traditionellen Zielmärkte in Westeuropa dürften kaum noch das gleiche Wachstum wie bisher generieren. Das Bankgeheimnis in Steuerangelegenheiten fällt weg. Können die Banken noch wachsen?

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb jemand einen Teil seines Vermögens ins Ausland verlegt, auch wenn es deklariert ist. Das Thema hier ist der Vermögensschutz. Das kann aus familiären Gründen sein, aus Gründen der Konkurrenz, aus Gründen des Vertrauens in die eigene Regierung.

Wie interessant sind andere Märkte für Liechtenstein, gerade auch die Schwellenländer?

Die liechtensteinischen Banken sind bisher schon sehr stark diversifiziert gewesen. Neben dem deutschsprachigen Raum sind in den letzten Jahren Länder in Osteuropa bearbeitet worden. Ein Teil der Banken ist auch im Mittleren und Fernen Osten physisch oder mit reisenden Vertretern vor Ort. In diesen Schwellenländern ist das Wachstumspotential grösser und die Wachstumsrate ein Mehrfaches dessen in Europa.


Braucht es in der Vermögensverwaltung in Liechtenstein neue Produkte und Dienstleistungen?

Die Vermögensverwaltung ändert sich insofern, als sich die Bedürfnisse der Kunden verändern. Wichtig ist dabei, dass wir dafür die notwendigen Spezialisten in Liechtenstein haben und weiter anziehen können. Wir setzen uns  deshalb für eine Lockerung der Zuwanderungspolitik ein. Ich gehe davon aus, dass unser Land in Zukunft darauf angewiesen ist, wertschöpfende Tätigkeiten ins Land zu holen. Und selbstverständlich müssen wir innovativ sein.

Liechtenstein positioniert sich zunehmend als Fondsplatz. Mit Erfolg?

Der Fondsplatz entwickelt sich erst seit 1996, vorher gab es kein modernes Anlagefondsgesetz. Heute haben die Fonds ein Volumen von 36 Milliarden Franken verwalteter Vermögen. Durch die Umsetzung der EU-Richtlinien – UCITS (EU-Richtlinie der Organismen zur Anlage in gemeinsamen Wertpapieren stk) und jetzt AIFM (EU-Richtlinie zur Regulierung alternativer Investmentfondmanager, stk) – sind wir ein attraktiver Marktteilnehmer mitten in Europa. Alle unsere Fonds haben "automatisch" den europäischen Pass. Wir sind auch aufgrund von Marktstudien überzeugt, dass es da ein grosses Potential besteht.

Dank des EWR hat Liechtenstein also einen Vorteil gegenüber dem Fondsplatz Schweiz.

Aufgrund der EWR-Mitgliedschaft haben wir generell eine gute Ausgangslage mit dem Marktzugang zum Europäischen Wirtschaftsraum. Im globalen Wettbewerb ist das ein Vorteil..

In welche Richtung muss der Fondsplatz gehen, um sein Potential noch besser auszuschöpfen?

Wir haben jetzt das neue AIFMGesetz in der Vernehmlassung. Hier sehen wir Wachstumspotential für Verwalter von alternativen Investments. Wir sehen auch Möglichkeiten im Zusammenhang mit internationalen Pensionsfonds. Hier haben wir die relevante EU-Richtlinie bereits 2007 umgesetzt. Damit ist Liechtenstein in der Lage, multinationalen Unternehmen Pensionsfonds anzubieten, bei denen das Pooling von Assets und Risiken als Zusammenfassung originärer Tätigkeiten von Pensionskassen aus Liechtenstein heraus angeboten werden kann.

Welche Rolle spielen die LIFE Klimastiftung und die Microfinance Initiative für den Finanzplatz?

Wir sehen das Potential, dass wir mit dem Thema Nachhaltigkeit in Liechtenstein eine Nische besetzen können. Dabei kann es etwa um Initiativen zum Thema Impact Investing, also den Investitionen in soziale Projekte, gehen. Mit der LIFE Klimastiftung und der Microfinance Initiative Liechtenstein haben wir zusammen anderen Verbänden und der Regierung eine Thematik besetzt, die in der Öffentlichkeit immer Bedeutung gewinnen.

Ist Nachhaltigkeit für Sie Nische oder hat sie das Potential zu einem grösseren Geschäft?

Es ist ein Mosaikstein der Neupositionierung des Bankenplatzes. Nachhaltigkeit dürfte in Zukunft als Geschäft an Bedeutung gewinnen. Kurzfristig darf man nicht zu hohe Erwartungen haben, da dies auch ein mentaler Prozess auch bei den Kunden ist.

Welche Rolle spielt dabei die Universität mit ihrem Liechtenstein Kongress?

Sie sprechen LISDAR (Liechtenstein Congress on Sustainable Development and Responsible Investing, stk) an. Wir sehen ihn als ein Marketinginstrument an, um Liechtenstein im Kontext Nachhaltigkeit zu positionieren. Wenn an derartige Kongresse und Anlässe in Liechtenstein hochkarätige Experten kommen, spiegelt dies unsere Glaubwürdigkeit und Attraktivität wieder. Deshalb ist jede Aktion, die den Finanzplatz in all seinen Facetten zeigt, ein Schritt vorwärts.

Als Liechtenstein mit der Neuorientierung des Finanzplatzes begonnen hat, war der Ausgang noch unsicher. Hat sich die neue Finanzplatzstrategie bewährt?

Der Entscheid war richtig und ist unumkehrbar. Wir müssen potentiellen Kunden, die steuerkonform sind, noch besser erklären, dass wir ein Standort mit vielen Vorteilen in Europa sind. Wichtig ist, dass der neu eingeschlagene Weg von allen mitgetragen wird. Wir haben in der Roadmap Finanzplatz 2015 noch zahlreiche Handlungsfelder aufgezeigt, um die Zukunft langfristig zu sicher.


Zur Person:
Adolf Real, Jahrgang 1954, ist Präsident des Liechtensteinischen Bankenverbandes. Von 1998 bis 2008 war er auch Vorsitzender der Geschäftsleitung der VP Bank. Real hat in Zürich Agrarwirtschaft und in St. Gallen Betriebswirtschaft studiert.