Reformvorhaben und Entwicklungen im Stiftungs- und Trust-recht

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Projektart und Laufzeit

FFF-Förderprojekt, März 2024 bis Februar 2025

Koordinator

Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht

Forschungsschwerpunkt

Wirtschaftsrecht

Beschreibung

Seit der erstmaligen gesetzlichen Normierung des Stiftungs- und Trustrechts im Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) im Jahr 1926 tragen diese beiden Rechtsinstitute massgeblich zum Erfolg Liechtensteins als Vermögens- und Strukturierungsstandort bei. Dogmatisch unterscheiden sich beide Rechtsinstitute wesentlich voneinander. In rechtsfunktionaler Hinsicht hingegen ermöglichen sowohl die Rechtsform der Stiftung aus dem Rechtskreis des Civil Law als auch die des Trust aus dem Rechtskreis des Common Law die langfristige Umsetzung des Willens des Stifters bzw. des Settlors im Rahmen der Vermögens- und Nachfolgeplanung sowie der Verwirklichung von gemeinnützigen Zwecken.
Im Jahr 1926 hat Liechtenstein als erstes kontinentaleuropäisches Land in Europa die Rechtsform des Trust aus dem Common Law eingeführt und in eigenständigen Regelungen kodifiziert. Seitdem ist der Rechtsbestand weitestgehend unverändert geblieben. Im November 2023 hat die Regierung einen Vernehmlassungsbericht «betreffend die Abänderung des Treuhänderschaftsrechts» veröffentlicht, bei dem wesentliche Anpassungen vorgeschlagen werden. Die geplanten Neuerungen betreffen insbesondere die Trust-Governance. Schwerpunkte der Vorlage sind die Einführung eines obligatorischen Informationsberechtigten (enforcer), die Abänderungen der Bestimmungen zur gerichtlichen Aufsicht, der Katalog von Aufsichts-massnahmen, die Antragslegitimation und Parteistellung im Aufsichtsverfahren sowie die Unterstellung von gemeinnützigen Treuhänderschaften unter die Aufsicht der Stiftungsaufsichtsbehörde. Insbesondere die Installierung eines enforcers in Gestalt des Informationsberechtigten ist kritisch zu hinterfragen, da dies das beneficiary principle als eines der fundamentalen Merkmale des Common Law Trusts aushebeln würde. Demnach bedürfte jeder Trust zur Sicherstellung seiner Durchsetzbarkeit nicht mehr der beneficiaries sondern eines enforcers. Dem enforcer kommen im Sinne der Vorlage alle Rechte zu, welche üblicherweise im traditionellen Common Law Trust den Begünstigten zustehen.
Daneben wurde auch die Stiftung im Jahr 1926 im PGR erstmalig normiert. Neben kleineren Anpassungen erfolgte im Jahr 2008 die Totalrevision des Stiftungsrechts, bei der es weitestgehend zu einer Neufassung der stiftungsrechtlichen Normen mit einem besonderen Schwerpunkt auf dem System der Foundation Governance kam. Nunmehr ist angedacht, eine «zielgerichtete Verbesserung» bei den stiftungsrechtlichen Normen anzugehen. Die Regierung erarbeitet derzeit die Vernehmlassungsvorlage für die Anpassungen im Stiftungsrecht, welche sich unter anderem mit den Einsichts- und Informationsrechten der Begünstigten, der Aufsicht sowie der Prävention gerichtlicher Streitigkeiten zwischen den Stiftungsbeteiligten beschäftigen wird.
Wie die Ausführungen zeigen, stehen sowohl die Stiftung als auch der Trust vor gesetzgeberischen Anpas-sungen. In beiden Fällen handelt es sich um punktuelle und zielgerichtete Novellen. Diese betreffen allerdings jeweils die Governance und somit einen wesentlichen Kernbereich der jeweiligen Rechtsform.
Es stellen sich daher eine Reihe von Fragen im Kontext des jeweiligen Governance-Systems der beiden Rechtsformen sowie weitere Fragen der künftigen privat- und gemeinnützigen Gestaltung, damit deren Kontrolle und Aufsicht weiterhin in einem geschlossenen und selbstregulierenden System sichergestellt ist. Vor diesem Hintergrund nimmt sich das vorliegende Forschungsprojekt zum Ziel, die geplanten Gesetzesänderungen zu untersuchen und mögliche Spannungsfelder aufzuzeigen.