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Herausforderungen des Steuerstandorts Liechtenstein

Die OECD und die EU legen eine neue internationale und europäische Steuerrechtsordnung fest.

5 Jahre neues Liechtensteinisches Steuergesetz und internationale Steuerkooperation Liechtensteins

Das Fürstentum Liechtenstein durchläuft seit langem eine herausfordernde Phase grundlegender Veränderungen auf dem Gebiet des Steuerrechts in einem europäischen und globalen Umfeld. Dieses hochdynamische Umfeld ist insbesondere durch die grundlegende Neuausrichtung der nationalen und internationalen Steuerpolitik einzelner Staaten, zunehmend aber auch durch die Vorgabe von Mindeststandards der internationalen und europäischen Staatengemeinschaft sowie der entsprechenden Organisationen, insbesondere der G20, der OECD und der EU gekennzeichnet.

Dementsprechend wurde das liechtensteinische Steuerrecht durch das Inkrafttreten des neuen Steuergesetzes zum 01.01.2011 einer Totalrevision unterzogen und dieses dadurch sowohl europarechtskonform und international kompatibel als auch attraktiv und wettbewerbsorientiert ausgestaltet. Ferner hat Liechtenstein seit 2009 über 40 Doppelbesteuerungs‐, Steuerinformations- sowie Regularisierungs- und Abgeltungssteuerabkommen (DBA, TIEA, StA) mit G20-, OECD-, EU- und weiteren Staaten entsprechend dem OECD‐Standard und darüber hinaus abgeschlossen.

Neue internationale und europäische Steuerrechtsordnung der OECD und der EU

Insbesondere die internationale Steuerplanung und die vermeintlich zu niedrige Steuerbelastung von multinationalen Unternehmen stehen gegenwärtig im Fokus der OECD und der EU. Allein die OECD hat im Rahmen ihres Projekts betreffend Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) eine mehrere hundert Seiten umfassende Analyse sowie einen Massnahmenkatalog mit 15 Aktionsthemen vorgestellt. Diese haben zum Teil den Charakter von Mindeststandards, welche von den einzelnen souveränen Staaten zwingend zu beachten sind.

Die Reichweite der länderübergreifend konkret umzusetzenden Anforderungen an die jeweiligen nationalen Steuerrechtsordnungen wird noch deutlicher in Bezug auf das im Januar 2016 vorgestellte Massnahmenpaket der EU – insbesondere den Anti-BEPS-Richtlinienentwurf – zur Bekämpfung von Steuervermeidung hin zu einer fairen, einfachen und effizienten Besteuerung im Europäischen Binnenmarkt. Hierin sind konkrete Umsetzungsverpflichtungen an die nationalen Steuergesetzgeber sowie auch in Bezug auf bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen enthalten, welche einen umfassenden Einfluss auf das nationale und internationale Steuerrecht der EU-Staaten sowie ergänzend auch der EWR-Staaten haben. Darüber hinaus wird dadurch auch der Steuerwettbewerb zwischen den international agierenden Wirtschafts- und Finanzplätzen im gesamten Europäischen Binnenmarkt und darüber hinaus grundlegend beeinflusst werden. Dies gilt sowohl für international tätige Un­ternehmen als auch für Vermögensstrukturen, welche in den Mitgliedstaaten der EU und des EWR aufgrund des Verbotes staatlicher Beihilfen gleichermassen einem einheitlichen Steuersystem (!) zu unterstellen sind.

Umsetzung und Auswirkung der neuen Anforderungen von OECD und EU

Das Fürstentum Liechtenstein stellt sich dieser Herausforderung und hat – wie andere Staaten auch – die geforderten Massnahmen und Standards der OECD und der EU zur weiteren Sicherstellung der internationalen und europäischen Konformität und Kompatibilität zu beachten und in das nationale und internationale Steuerrecht möglichst zeitnah zu implementieren. Dabei ist die bestehende Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Steuerstandorts Liechtenstein ebenso zu wahren wie das hohe Mass an vertrauensschaffender Rechtssicherheit, um sich auch weiterhin als erfolgreicher Wirtschaftsstandort und Finanzplatz im Herzen Europas zu positionieren.

Zur Person
Martin Wenz, Professor für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Internationales und Liechtensteinisches Steuerrecht am Institut für Finanzdienstleistungen der Universität Liechtenstein.